Grundsätze des Pflegegeldes

 

MMag. Eva Stöckl
Arbeiterkammer Salzburg


Unterlagen 3.3.2010

10. Integrations-Stammtisch

 

 

Grundsätzlich verfolgt das Pflegegeld zwei Ziele: größere finanzielle Entlastung und mehr Selbstbestimmung durch größtmögliche Wahl- und Gestaltungsfreiheit in der Pflegesituation.

Die Gewährung des Pflegegeldes hat den Zweck, in Form eines finanziellen Beitrags pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten. Es soll die pflegebedürftige Person dadurch die notwendige Betreuung und Hilfe bekommen, um möglichst schnell wieder ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Zu beachten ist, dass das Pflegegeld keine Einkommenserhöhung der pflegebedürftigen Person darstellen soll, sondern zur Abgeltung von Mehraufwendungen für eine behinderungsbedingte Pflege gilt.

Das Pflegegeld stellt nur einen Beitrag dar. Die im Einzellfall tatsächlich anfallenden Kosten für Betreuungs- und Hilfsverrichtungen sind bei der Einstufung nicht zu berücksichtigen. Dh in der Realität sind die tatsächlichen pflegebedingten Aufwendungen zumeist höher als das bezogene Pflegegeld.

Weiters besteht ein Rechtsanspruch auf die Gewährung des Pflegegeldes unabhängig vom Einkommen oder Vermögen des oder der Betroffenen.

 

 

I Pflegegeldstufen

Das Pflegegeld differenziert hinsichtlich der Höhe zwischen 7 Pflegegeldstufen. Diese differenzieren zwischen Ausmaß und Intensität der notwendigen Pflege. Diese Einstufung kann dabei entweder funktionsbezogen oder diagnosebezogen erfolgen.

Keinen Pflegebedarf im Sinne des Bundes- oder Landespflegegeldes stellen Verrichtungen medizinischer Art wie Krankenbehandlungen, Therapie oder medizinische Hauskrankenpflege dar. Es muss sich daher – um als pflegebedingter Mehraufwand berücksichtigt werden zu können – eine lebenswichtige Verrichtung nicht medizinischer Art sein.

 

Abgrenzung therapeutische Maßnahmen
Therapeutische Maßnahmen werden bei der Bemessung des Pflegeaufwandes nicht berücksichtigt, auch wenn sie von Familienangehörigen selbstständig durchgeführt werden. Es ist immer darauf abzustellen, dass ein Pflegeaufwand jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die ein – ansonsten – nicht behinderter Mensch gewöhnlich selbst vornehmen kann.

 

Anspruchsberechtigte Bundes- und Landespflegegeld

Der gewöhnliche Aufenthalt muss im Inland liegen. Für das Bundespflegegeld ist die Staatsangehörigkeit unerheblich. Für die jeweiligen Landespflegegelder ist die österreichische Staatsbürgerschaft aber Voraussetzung, wobei es hierbei Fremde gibt, die österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, z.B. wenn es eine Gleichstellung aufgrund von Staatsverträgen gibt. Es gibt die Möglichkeit, dass eine Nachsicht gewährt wird – diese liegt jedoch im Ermessen des Entscheidungsträgers. Ein Rechtsanspruch auf Nachsicht besteht nicht.

 

II Leistungen

Grundsätzlich werden mit dem Pflegegeld Geldleistungen geleistet. Sachleistungen werden nur in Ausnahmefällen geleistet, zB bei Verwahrlosung und Unterversorgung.

Das Pflegegeld unterscheidet sieben Pflegestufen. Die Einstufung erfolgt nach dem Grad des Pflegebedarfes. Jeder Pflegegeldstufe ist ein fixer Geldbetrag zugeordnet. Die Auszahlung des Pflegegeldes erfolgt 12mal jährlich. Die Auszahlung richtet sich nach der Auszahlung der jeweiligen Grundleistung und erfolgt in der Regel monatlich im Nachhinein. Anders ist es beim Salzburger Landespflegegeld, hier erfolgt die Auszahlung am Monatsersten im Voraus.

Die sieben Pflegestufen sind seit 1.1.2009 erhöht worden:

Stufe 1            € 154,20
Stufe 2            € 284,30
Stufe 3            € 442,90
Stufe 4            € 664,30
Stufe 5            € 902,30
Stufe 6            € 1242,00
Stufe 7            € 1655,80

 

Das Pflegegeld ist:

 

 

Anrechnung von Familienbeihilfe

Vom Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder ist ein Betrag von € 60,00 monatlich auf das aufzuzahlende Pflegegeld anzurechnen. (§ 7).
Wird der Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder nicht mehr bezogen, dann ist eine für die Höhe des Pflegegeldes wesentliche Veränderung eingetreten.

 

III Antrag

Das Pflegegeld ist zu beantragen. Wer eine Pension oder Rente bezieht, stellt den Antrag an seine Pensionsversicherungsanstalt. Alle anderen Personen und auch mitversicherten Personen bringen den Antrag beim Land Salzburg in der Abteilung Soziales ein.

Nach der ärztlichen Untersuchung bekommt man einen Bescheid über die Entscheidung. Wer mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, kann innerhalb von drei Monaten bei Gericht die Entscheidung überprüfen lassen mittels Klage. Eine Klage in Pflegegeldfragen ist mit keinen Kosten verbunden.

Bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist jederzeit ein Antrag auf ein höheres Pflegegeld möglich.

Das Pflegegeld gebührt ab Beginn des Monats, der auf die Antragstellung des Pflegegeldes folgt. Das Pflegegeld wird in der Regel unbefristet zuerkannt. Eine Befristung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass sich der Pflegebedarf wieder verbessert.

 

IV Einstufung

Das Pflegegeld unterscheidet eine funktionsbezogene Einstufung und eine diagnosebezogene Einstufung.

Bei der funktionsbezogenen Einstufung wird auf den individuellen Betreuungs- und Hilfebedarf abgestellt, bei der diagnosebezogenen Mindesteinstufung auf die Art einer Behinderung. Diese diagnosebezogenen Einstufungen sind Mindesteinstufungen und schließen nicht aus, dass ein höheres Pflegegeld zu leisten ist, wenn nach der funktionsbezogenen Einstufung eine höhere Pflegegeldstufe erfüllt werden kann.

Sehbehinderte (ab dem vollendeten 3. Lebensjahr)

RollstuhlfahrerInnen (ab 14. Jahren)

 

Die Grundlage der Entscheidung ist ein ärztliches Sachverständigengutachten.

Ingesamt muss ein ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf für voraussichtlich 6 Monate vorliegen. Der Bedarf muss dabei zumindest 2-3mal pro Woche vorliegen. Es muss insgesamt ein Betreuungs- und Pflegeaufwand von mehr als 50 Stunden im Monat vorliegen. Es wird ein Pflegebedarf aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung vorausgesetzt. Die Ursache der Behinderung oder Beeinträchtigung ist für das Pflegegeld unerheblich.

Stufe 1: Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 50 Stunden
Stufe 2: 75 stunden
Stufe 3: 120 Stunden
Stufe 4: 160 Stunden
Stufe 5: 180 Stunden und außergewöhnlicher Pflegeaufwand
Stufe 6: 180 Stunden und unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen
Stufe 7: 180 Stunden und keine zielgerichteten Bewegungen der vier Extremitäten möglich.

 

Betreuung

 

Hilfe

 

Hilfsmittel

 

 

V Kinder

Für Kinder und Jugendliche gibt es keine spezifischen Pflegegeldeinstufungen. Diese müssen daher für die Einstufung dieselben Kriterien erfüllen wir ein erwachsener Behinderter erfüllen muss. Es wird nur jener Pflegebedarf berücksichtigt, der über den Bedarf gleichaltriger nicht behinderter Kinder hinausgeht. Bei behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr haben daher die Richt- und Mindestwerte keine Bedeutung, da nur der behinderungsbedingte Mehraufwand im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind zu berücksichtigen ist. Der Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass auch nichtbehinderte Kinder und Jugendliche allein aufgrund ihrer Entwicklung bestimmte Verrichtungen noch nicht durchführen können.

Im Zuge einer Differenzrechnung ist zuerst der tatsächliche Gesamtpflegeaufwand zu ermitteln. Von diesem Pflegeaufwand ist dann der natürliche, altersbedingte Pflegebedarf in Abzug zu bringen. Nur dieser Mehraufwand kann dann im Zuge der Einstufung Berücksichtigung finden. Entsprechend der zu erwartenden Entwicklungsschritte ist es daher erforderlich, in relativ kurzen Zeitabständen – auf Antrag – Nachuntersuchungen vorzunehmen.

Die in der Einstufungsverordnung für Betreuungsleistungen vorgesehenen Richt- oder Mindestwerte und für die Hilfsverrichtungen verbindlichen Pauschalwerte gelten für die Einstufung von Kindern bis zum vollendeten 15. Lebensjahr nicht, weil ausschließlich auf den konkret zu ermittelnden behinderungsbedingten Mehraufwand abzustellen ist.

 

Beispiel: Ein 4,5 jähriges nichtbehindertes Kind kann sich bei der täglichen Körperpflege nach Aufforderung selbstständig die Zähne putzen, die Hände und das Gesicht waschen. Wenn dies bei einem behinderten Kind nicht möglich ist, ist ein Pflegebedarf von 10 Stunden monatlich zu berücksichtigen und nicht wie bei einem Erwachsenen ein Mindestwert von 25 Stunden im Monat.

Bei den Hilfsverrichtungen darf insgesamt der Wert von 50 Stunden nicht überschritten werden.

Beispiel: Bei einem 6jährigen Kind, welches wegen eines Nierenversagens monatlich im Ausmaß von mehr als 50 Stunden bei therapeutisch und medizinisch notwendigen Wegen begleitet werden muss, ist daher ein Hilfsbedarf von 50 Stunden pro Monat zu veranschlagen.

 

 

 

VI Pflegegeldnovelle 2009

 

Kinder

Neu ist jedoch seit 1.1.2009, dass es Erschwerniszuschläge für Kinder und Jugendliche gibt. So werden für die Festsetzung des Pflegebedarfs für schwerst behinderte Kinder und Jugendliche unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich fixe Zeitwerte zuerkannt:

Damit wurde eine jahrelange Forderung nach einer Verbesserung der Situation behinderter Kinder und Jugendlicher bei der Pflegegeldeinstufung erfüllt. Es ist nunmehr der besonderen Intensität der Pflege von schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen durch Hinzurechnen eines Pauschalwertes zusätzlich Rechnung zu tragen.

Voraussetzung:

 

Personen mit Demenz

Auch für diese Personen gibt es Neuerungen, so werden für Personen mit schweren geistigen oder einer schweren psychischen Behinderung (insb. Demenziellen Erkrankung, ab dem 15. Lebensjahr unter bestimmten Voraussetzungen 25 Stunden pro Monat als Erschwerniszuschlag zuerkannt.

Voraussetzungen: